Frühkindliche Reflexe (Kurzbeschreibung)

Frühkindliche Reflexe – auch frühkindliche Reaktionen oder Bewegungsmuster genannt – sind automatische, stereotype, meist vom Hirnstamm ausgelöste Reaktionen, mit denen jeder Mensch geboren wird. Sie werden durch bestimmte Kopfbewegungen oder plötzliche Sinnesreize aktiviert. Der Hirnstamm überwacht lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag und Atmung, und agiert grundsätzlich außerhalb unserer bewussten Kontrolle. So auch bei den frühkindlichen Reflexen – sie werden ausgelöst, ob wir es wollen oder nicht.
Innerhalb des ersten Lebensjahres haben die frühkindliche Reflexe lebenswichtige Aufgaben. Sie stärken den Leib des ungeborenen Kindes bereits während der Schwangerschaft, und unterstützen aktiv den Geburtsprozess. Nach der Geburt helfen sie dem Säugling den Anforderungen der Schwerkraft, der Atmung und der Sinneswahrnehmungen gerecht zu werden.
Am Ende des ersten Lebensjahres sollten die meisten Reflexe in höhere, bewusste Hirnfunktionen „integriert“ und damit nicht mehr auslösbar sein. Wenn die frühkindlichen Reflexe länger aktiv bleiben, spricht man von einer neuromotorischen Unreife. Dies bedeutet, dass man über das erste Lebensjahr hinaus – eventuell bis ins Erwachsenenalter – auf bestimmte körperliche Reaktionen wenig Einfluss hat.
Dies kann zur Folge haben, dass …
  • die Fähigkeit, sich frei zu bewegen, beeinträchtigt ist.
  • seelische Reaktionen und emotionale Fähigkeiten betroffen sind.
  • Wahrnehmungsfähigkeiten beeinflusst werden.
  • das Sozial- und/oder das Lernverhalten beeinflusst wird.
Weiterführende Quellen:
Blomberg Rhythmic Movement Training (BRMT) – https://blombergrmt.iak-freiburg.de/rhythmic-movement-training

Frühkindliche Reflexe, Reaktionen oder Bewegungsmuster

Die meisten Eltern sehen die frühkindlichen Reflexe beim Besuch des Kinderarztes. Man testet sie beim Säugling um festzustellen, ob sie vorhanden sind. Allerdings testet man in der Regel nicht, ob sie zum richtigen Zeitpunkt auch tatsächlich nicht mehr auslösbar, also integriert sind.
„Frühkindlich“ heißen diese Reflexe, weil sie in die frühe Kindheit gehören. Störend können sie dann werden, wenn sie nicht integriert werden, sondern - eventuell bis ins Erwachsenenalter - erhalten bleiben und damit die Entwicklung beeinflußen.

Wirkungsweise der Reflexe

Was sehen wir, wenn wir ein neugeborenes Kind in der Bewegung beobachten? Es führt unkontrollierte und strampelnde Bewegungen aus. Im Laufe der Zeit kommen spontane, rhythmische Bewegungen dazu, die das Kind aktiv übt.
Allerdings gibt es Bewegungen, die immer nach dem gleichen Muster, also reflexmäßig, ablaufen …
  • Der Kopf des Säuglings fällt ungewollt ein paar Zentimeter zurück und das Kind gerät in Panik (Moro-Reflex).
  • Das Kind bewegt den Kopf nach hinten oder vorne (TLR, STNR), nach rechts oder links (ATNR) und löst unwillkürlich Bewegungen aus, die den ganzen Muskeltonus verändern.
  • Wenn man dem Kind etwas in die Handfläche legt, greift es zu und kann nicht loslassen (Greif-Reflex).
  • Man streicht es an der Wange und es macht Suchbewegungen (Such-Reflex).
  • Man drückt die Handfläche und es macht mit dem Mund Saugbewegungen (Babkin-Reflex).
All diese Bewegungen sind Beispiele für frühkindliche Reflexe oder Reaktionen, die das Kind nicht beeinflussen kann. Sie sind für die Geburt und in den ersten Lebensmonaten lebensnotwendig, können aber die weitere Entwicklung beeinträchtigen, wenn sie nicht in reifere Bewegungen integriert werden.
Solange die Reflexaktivität anhält, ist der Betroffene in seiner Bewegungs- und emotionalen Reaktion nicht frei.

Integration der Reflexe

Bei gesunder Entwicklung des Kindes verwandeln sich innerhalb des ersten Lebensjahres die unkontrollierten, stereotypen Bewegungen der frühkindlichen Reflexe in die lebenslangen Haltungsreflexe. Dieser Prozess findet in den Basalganglien statt. Schritt für Schritt schreitet die weitere Entwicklung voran.
Das Kind reagiert emotional angemessener in überraschenden Situationen. Es lernt sich zu drehen, zu kriechen, zu krabbeln und zu greifen. Es kann seine Absichten in die Tat umsetzen, seine Bedürfnisse äußern, und sich tatsächlich aus der Horizontalen aufrichten, stehen und gehen. Alle diese Entwicklungsschritte brauchen zunächst die Fähigkeit, einen Teil des Körpers gezielt und isoliert zu bewegen, was das Gegenteil einer Ganzkörper-Reflexbewegung bedeutet.
Nun kann man beobachten, dass das Kind …
  • sich auf ein Ziel zubewegt.
  • dass es sich gegen die Schwerkraft aufrichtet.
  • dass es beginnt, mit seiner Umwelt und Mitmenschen zu kommunizieren.
  • seinen Körper immer bewusster wahrnimmt. Die Bewegungen werden dabei immer feiner und gezielter, die emotionale Reaktionen werden immer angemessener.
  • die Fähigkeiten des Sprechens und des Denkens entwickelt.
Bis ein Kind schulreif ist, sollte es in seinem Körper angekommen sein, in sich ruhen können, sich in seiner Haut wohl fühlen, seine Umwelt wahrnehmen und mit anderen in Beziehung treten können, ohne nur reaktiv zu handeln. Das Kind kann sich jetzt auf eine Sache konzentrieren. Es hat die physiologischen Voraussetzungen, wie z.B. reife Augenmuskelmotorik, um das Lesen und Schreiben zu erlernen. Es hat Sozialkompetenz erworben und kann selbstverständlich Aufträge annehmen und umsetzen.

Mein therapeutischer Ansatz

Meine Aufgabe ist es, durch eine genaue Beurteilung den aktuellen Entwicklungsstand festzustellen, und gemeinsam mit dem Betroffenen ein häusliches Übungsprogramm zu erarbeiten, welches genau auf seine Bedürfnisse abgestimmt ist. Ich arbeite dabei mit dem „Blomberg Rhythmischen Bewegungstraining“. Dieses bildet eine solide Grundlage und kann mit meinen weiteren Werkzeugen optimal, auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten und ergänzt werden.
Durch gezielte, täglich wiederholte Übungen kann die nachträgliche Ausreifung und Hemmung unreifer Reflexaktivität, sowie die Entwicklung der lebenslangen Haltungsreflexe angeregt werden. Damit werden die basalen senso-motorischen Voraussetzungen für höhere Hirnfunktionen, adäquate emotionale Reaktionen und eine reife Bewegungskontrolle verbessert.
So kann das Kind oder der Erwachsene „Herr oder Frau des eigenen Hauses“ werden, in seinem Körper ankommen, in sich ruhen, sich in seiner Haut wohl fühlen, sich konzentrieren, seine Umwelt wahrnehmen und mit anderen in Beziehung treten, ohne nur reaktiv zu handeln.
Mögliche Hinweise auf restaktive, frühkindliche Reflexe können z.B. sein …
  • ängstliches, unsicheres Verhalten
  • Hyper- und Hypoaktivität
  • unkoordinierte Bewegungen
  • ADHS und ADS
  • Lese- und Rechtschreibeschwäche
  • Entwicklungsverzögerung
  • Bettnässen
  • u.v.m.